Antrag an die Landessanitätsdirektion

von Christian Obrist
16. Oktober 2020

Ein Artikel der Tiroler Tageszeitung nimmt heute sehr ausführlich auf unsere Situation Bezug (S. 5, mit Teaser auf S. 1). Wir haben dazu nicht viel getan; wir sind nicht selbst an die Medien gegangen: der TT-Journalist hat gestern von sich aus angerufen. Er war bereits sehr gut vorinformiert und hat sich hauptsächlich über die Sachlage vergewissert. (Es war auch nicht unser Bestreben „in die Zeitung zu kommen“, sondern die Möglichkeit für ortsungebundenen Unterricht zu schaffen.)

Ja, tatsächlich habe ich (Dir. Bürkle) am Montag (5.10.) bei der Landessanitätsdirektion die Umstellung der Ampelfarbe für unsere Schule von GELB auf ORANGE beantragt. Leider habe ich keine Antwort bekommen.

Die Corona-Situation ist an sich an unserer Schule bis jetzt nicht sehr dramatisch. Wir hatten bisher (Stand 9.10., 12 Uhr) 8 Fälle, von denen 3 nachweislich wieder genesen sind. Allerdings führt jeder Fall zu einer Liste von ca. 50 Kontakten oder mehr, die wegen ihrer großen Zahl nicht mehr alle getestet werden können.

Den genauen Wortlaut des Antrags an die Landessaitätsdirektion sehen Sie, wenn Sie weiterlesen.


 

mag.dr. michael bürkle
direktor abendgymasium


An die
Landessanitätsdirekton für Tirol

Betr.: Gefahr Virencluster, Antrag auf Umstellung der Ampelfarbe auf ORANGE für das Abendgymnasium


Sehr geehrte Damen und Herren,

so viel ich weiß, kann die Landessanitätsdirektion in einzelnen Schulen aufgrund besonderer Gefahrenlage Präsenzunterricht aussetzen und zu ortsungebundenem Unterricht umleiten. Ich beantrage hiermit für "meine" Schule - ich bin der Direktor des Gymnasiums für Berufstätige ("Abendgymnasium") in Innsbruck, Schulkennzahl 701076 - die Umstellung der Ampelfarbe auf ORANGE.

Begründung:

Wir haben ca. 800 Studierende in der Altersgruppe zwischen 17 und 30; das Schulsystem ist modular: Wir haben damit keine "Klassen", die eine Art "Haushaltsgemeinschaft" in Bezug auf auftretende Infektionen bilden können. In ca. 4-5 Schulstunden trifft jede/r Studierende jeden Abend ca. 50-80 andere Studierende. Abstände ausreichend einzuhalten ist nur sehr schwer möglich. Unsere Studierenden bringen Infekte aus dem familiären und beruflichen Umfeld in die Schule und nehmen Infektionen aus der Schule wieder mit in ihr Berufsleben und damit in die Betriebe der Stadt Innsbruck und des Umlands.

Insgesamt entsteht in der Kombination aus Pandemie, modularem System und den typischen Eigenschaften unserer Studierenden (große Anzahl, Altersgruppe, Berufstätigkeit) im Präsenzunterricht ein enormes Potenzial für einen Virencluster, der nicht nur die Gesundheit von Studierenden und Lehrenden und den Lernfortschritt beeinträchtigt, sondern über die Schule hinaus auch eine Gefahr für die Tiroler Wirtschaft, speziell für den Wintertourismus werden kann.

Wir wollen die Schule nicht "schließen": wir wollen nur den stundenplanmäßigen Unterricht ortsungebunden durchführen. Das können wir, weil wir über 20 Jahre Erfahrung im Fernstudium haben. Wir ziehen durch ortsungebundenen Unterricht auch keine Eltern aus dem Arbeitsleben ab: es entstehen keine häuslichen Betreuungspflichten. Im Gegenteil: wir halten Menschen im Arbeitsprozess und verhindern, dass unsere Studierenden durch Präsenzunterricht ihre berufliche Existenz gefährden, was derzeit für Studierende in "systemrelevanten" Berufen der Fall ist.

Noch haben wir keinen Virencluster. In der ersten Semesterwoche hatten wir 0 Coronafälle, in der zweiten 1, in der dritten 4; derzeit sind es 6. Trotzdem kommen die lokalen Gesundheitsbehörden mit dem Testen und dem Verständigen der Getesteten nicht mehr nach, da durch jeden Fall eine Liste von ca. 50 Kontakten oder auch mehr entsteht.

Ich habe die Gefahren, die ich sehe, bereits mehrfach gegenüber der Landesbildungsdirektion geäußert; ich bekomme da auch Verständnis für die besondere Situation der Schule; leider besteht die Ampelfarbe GELB für Schulen allgemein und die LBD sieht deshalb keine Möglichkeiten, der besonderen Situation der Schule durch ortsungebundenen Unterricht gerecht zu werden.

Ich bin gerne zu weiteren Erläuterungen des Antrags bereit. Meine Kontaktdaten (Mail, Telefon) können Sie der signature entnehmen.

Mit freundlichen Grüßen
michael bürkle, Direktor

 

mb, 9.10.20